Erbengemeinschaft Haus: So klären Miterben ihre Rechte und Möglichkeiten
1. Auszahlung an Geschwister im Erbfall
Nach der gesetzlichen Erbfolge (§ 1924 BGB) erben Kinder zu gleichen Teilen.
- Wird das Haus verkauft, teilen sich alle den Erlös.
- Möchte ein Kind das Haus allein übernehmen, muss es die anderen auszahlen, meist in Geldform.
Beispiel:
- Verkehrswert Haus: 450.000 €
- 3 Kinder = je 1/3 Anteil → 150.000 €
- Übernimmt ein Kind, zahlt es den beiden Geschwistern zusammen 300.000 € aus.
👉 Achtung: Belastungen (z. B. Hypothek) mindern den Auszahlungsbetrag.
2. Pflichtteil: auch enterbte Geschwister wollen Geld
Selbst wenn Geschwister im Testament enterbt wurden, haben sie nach § 2303 BGB Anspruch auf den Pflichtteil:
- Höhe: 50 % des gesetzlichen Erbteils.
- Auszahlung erfolgt immer in Geld, nicht in Sachwerten.
Pflichtteilsergänzung (§ 2325 BGB)
Wurde ein Haus bereits zu Lebzeiten verschenkt (Überschreibung), können Geschwister trotzdem Ansprüche stellen.
- Wert wird fiktiv dem Nachlass zugerechnet.
- Anspruch schmilzt pro Jahr um 10 % → nach 10 Jahren erlischt er ganz.
3. Elternhaus übernehmen & Geschwister auszahlen in 5 Schritten
- Verkehrswertgutachten beauftragen (Grundlage für alle Berechnungen).
- Anteile berechnen: Verkehrswert ÷ Anzahl der Erben.
- Auszahlungssumme festlegen & schriftlich vereinbaren.
- Erbauseinandersetzungsvertrag aufsetzen (notariell beurkunden, § 311b BGB).
- Grundbuch ändern & Auszahlung überweisen.
👉 Ohne notarielle Beurkundung ist die Vereinbarung unwirksam!
4. Steuerliche Aspekte bei einer Geschwister-Auszahlung
- Jeder Erbe hat 400.000 € Freibetrag gegenüber den Eltern.
- Wird dieser überschritten, fällt Erbschaftssteuer an.
- Die Auszahlungssumme an Geschwister kann ebenfalls steuerpflichtig sein.
- Vorteil bei Eigennutzung:
Zieht ein Kind innerhalb von 6 Monaten ins Elternhaus ein und bleibt mindestens 10 Jahre, entfällt die Erbschaftssteuer (bis 200 m² Wohnfläche).
5. Teilungsversteigerung
Können sich Geschwister nicht einigen, kann jeder beim Amtsgericht eine Teilungsversteigerung beantragen.
- Haus wird zwangsversteigert.
- Erlös wird unter den Erben geteilt.
- Nachteil: Häufig deutlich unter Marktwert.
👉 Deshalb: Frühzeitig Einigung suchen – notfalls mit Mediation.
Haus kaufen statt erben: müssen Geschwister ausgezahlt werden?
- Kaufen Sie das Haus von den noch lebenden Eltern, haben Geschwister keinen Anspruch.
- Ausnahme: Kauf unter Wert → der „geschenkte“ Teil kann später angerechnet werden (Pflichtteilsergänzung).
- Eventuell fällt Schenkungssteuer an.
Typische Konflikte & wie man sie vermeidet
- Unklare Immobilienwerte → Lösung: neutrales Gutachten.
- Unterschiedliche Vorstellungen (Verkauf vs. Selbstnutzung) → Lösung: Mediation oder Auseinandersetzungsvertrag.
- Emotionale Bindung („Das ist unser Elternhaus!“) → Lösung: Kompromisse finden, evtl. zeitweise gemeinsame Nutzung.
Häufige Fragen (FAQ)
Wann müssen Geschwister ausbezahlt werden?
→ Immer, wenn ein Kind die Immobilie übernimmt. Beim Verkauf erfolgt keine Auszahlung, da der Erlös geteilt wird.
Wie hoch ist der Pflichtteil?
→ 50 % des gesetzlichen Erbteils – auch bei Enterbung.
Müssen Geschwister beim Kauf von Eltern ausbezahlt werden?
→ Nein – außer es liegt ein Verkauf unter Wert vor (Schenkungsanteil).
Wie wird der Hauswert ermittelt?
→ Am sichersten durch ein öffentlich bestelltes Verkehrswertgutachten – Finanzamt-Schätzungen sind oft zu hoch.
Was tun bei Streit?
→ Mediation, Erbauseinandersetzungsvertrag oder als letzte Option Teilungsversteigerung.
Fazit: Haus übernehmen ohne Familienstreit
Ein Elternhaus zu erben ist nicht nur emotional, sondern auch finanziell eine Herausforderung. Wer das Haus behalten möchte, muss seine Geschwister fair auszahlen. Grundlage ist immer ein professionelles Verkehrswertgutachten. Nur so lassen sich Streit, überhöhte Forderungen und unnötige Steuerlast vermeiden.